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Er sah endlich die Hexe heimwärts trotten und ebenso Hanko zum Schlosse zurückschleichen.

Als keinerlei Entdeckungsgefahr mehr drohte, rief Albrecht: „O, lieber Rabe, wie froh bin ich und wie danke ich dir, daß du mich hierher geführt hast! Hilf mir nun auch die Kräuter finden und den Waldquell, damit ich die heutige Vollmondnacht zu meinem Rettungswerk ausnutzen kann.“

„Daß du mich Schwarzrock hast befreit,
Hast du gewiß noch nicht bereut.“

schnarrte der Vogel selbstzufrieden und setzte dann pfiffig hinzu:

„Die alte Hex’ gar giftig war,
Als mein Entrinnen ihr ward klar –
Krah, krah, wie würd’s uns übel gehn,
Hätt’ sie uns beide jetzt gesehn!
Nun hurtig, komm’ in tiefen Wald;
Was du bedarfst, zeig’ ich dir bald –
Vergessen haben wir kein Stippchen –
Hex’ Ut’ – wir schlagen dir ein Schnippchen.“

Lautlos wie Schatten glitten der Junker und der Rabe dann durch den Wald dahin, bis alles Nötige gefunden war.

Doch nun schien guter Rat teuer, denn worin sollten sie das Quellwasser schöpfen? Weder Albrechts Mütze noch seine Schuhe erwiesen sich als dazu geeignet.

Da fiel sein Blick auf ein ausgehöhltes Stück eines Baumastes, der vom Sturm abgebrochen vor ihm lag. Mit geschickter Hand und großer Kraft brach er das Stück so ab, daß der Stumpf ein Gefäß mit festem Boden bildete, das gleich einem Kruge das Wasser in sich aufnahm.

Im Schloß war alles dunkel und still, als Albrecht mit seinem kostbaren Gepäck dort anlangte. Alles hatte er im Walde gefunden, nur die drei Blumen vom Rittersporn nicht. Er mußte sie vom verzauberten Busch holen.

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Elsbeth Montzheimer: Märchen. Leipziger Graphische Werke AG, Leipzig 1927, Seite 72. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:M%C3%A4rchen_(Montzheimer)_072.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)