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Denn Hex’ muß fein im Hüttlein bleiben;
Brauchst drum den Schlaf nicht zu vertreiben.
Auch Hanko läuft heut’ kaum zu ihr –
Ich sah, er schläft wie ’n Murmeltier.“

Freudig erstaunt hörte Albrecht diese Mitteilung an, dann antwortete er lächelnd: „Mir scheint, du bist der Weiseste unter deinesgleichen, denn du weißt mehr, als ein gewöhnlicher Rabe sonst wissen dürfte. Vielleicht ist dir auch bekannt, daß ich schon oft vergeblich nach dir ausschaute?“

„Konnte mehr dir noch nicht sagen,
Hätt’ sonst Botschaft dir getragen!“

ließ sich der Rabe hierauf wieder vernehmen, nachdem er sich nochmals an dem Knochen gütlich getan hatte. Dann wandte er sich abermals zu Albrecht, ihn schlau anäugend:

„Heut’ war ich im Gärtlein drunt’
Schon zu früher Morgenstund’.
Hatte dort so meine Schliche:
Wollte seh’n, wenn Zauber wiche.
Sah auch dich, mein Junkerlein,
Dann die Jungfrau schön und fein,
Die Hex’ Utes Zauber traf,
Als des wilden Wesens Straf’.“

„Das wußtest du und sagtest es nicht früher?“ Der Rabe nickte bedächtig, tat ein paar derbe Schnabelhiebe auf den Knochen und antwortete dann dem Fragenden:

„Hast mich eifrig nicht befragt,
Hätt’ vielleicht sonst mehr gesagt,
Oder – mich gehüllt in Schweigen.
Schwatzhaft soll man nie sich zeigen!
Meine Freiheit dank’ ich dir,
Drum erfährst du mehr von mir!“

Empfohlene Zitierweise:
Elsbeth Montzheimer: Märchen. Leipziger Graphische Werke AG, Leipzig 1927, Seite 67. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:M%C3%A4rchen_(Montzheimer)_067.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)