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Der König fragte es freundlich, denn die Maid gefiel ihm gar wohl.

Doch Magdalies antwortete bescheiden: „In Euren Wäldern, edler König, wuchsen diese Beeren, die zu finden mein guter Stern mir half. Aber ich stehe in Lohn und Brot einer Bäuerin, die mich schickte und der ich alles geben muß.“

Während sie noch sprach, waren mehrere Personen in das Gemach getreten, und kaum hatte Magdalies geendet, als eine ihr nun schon bekannte Stimme rief: „Ein braves Mädchen bist du, und meinen Vater hast du auch gesund gemacht!“

Dort stand der Ritter im Kreise mehrerer Edelleute.

Magdalies wagte kaum aufzublicken. Sie begriff erst nicht recht den Sinn dieser Worte, bis es ihr klar wurde, daß der Ritter niemand anders war als der Königssohn selbst.

Er erzählte von seinem Zusammentreffen mit der Jungfrau im Walde und von der Feder, die er nun auch einlösen wolle.

„Mich dünkt,“ fuhr der Königssohn fort, „du, mein Vater, und ich sind dem Mägdlein beide unsere Anerkennung schuldig. Ich habe erkannt, daß sie nicht nur die schönste, sondern auch die tugendhafteste Jungfrau ist, die mit je begegnete. Darum, mein Vater, möchte ich dich bitten, sie mir zum Weibe zu geben.“

Magdalies glaubte ihren Ohren nicht zu trauen. Sie sah aber auch, wie der König erschrak und wie die Höflinge erstaunt dreinblickten. Sie ward bald blaß, bald rot. Wie ein Alp legte sich die Schwüle des Gemachs auf ihre Brust.

Nein, sie wollte kein Aergernis machen. Der schöne Königssohn sollte ihretwegen keinen Verdruß mit dem Vater haben.

Sie benutzte einen günstigen Augenblick, um sich davonzustehlen.

Glücklich fand sie den Ausgang des Schlosses und jagte nun, so schnell ihre Füße sie tragen wollten, dem Walde zu.

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Elsbeth Montzheimer: Märchen. Leipziger Graphische Werke AG, Leipzig 1927, Seite 42. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:M%C3%A4rchen_(Montzheimer)_042.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)