Seite:Ludwig Anzengrubers sämtliche Werke II 025.jpg

Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Ludwig Anzengruber: Der Pfarrer von Kirchfeld. Aus: Ludwig Anzengrubers sämtliche Werke. Band 2

neuen, freien Zeit über die Welt, ja selbst über unsere friedlichen, frommen Täler hereingebrochen ist! Während wir zu unserer Erbauung nach Matrei ziehen, seht ihr hier die Kirchfelder, aufgeputzt wie die Schalksnarren, unter Sang und Klang den breiten Pfad der Sünde wandeln; diese Gemeinde schickt keinen einzigen Mann nach Matrei! Warum nicht? Weil sie einem öffentlichen Sünder das Geleite geben muß!

Michel. Das gang dich und ganz Altötting ein Teufel an; aber weil d’ dich gar so kratzt, wo’s dich doch nicht juckt, so kannst auch wissen, warum wir nicht nach Matrei gehen; weil unser Herr Pfarrer gsagt hat, wir sollen’s sein lassen, die Herren dorten könnten alles, was sie reden, recht gut meinen, aber wir könnten’s falsch verstehn!

Schulmeister (hustet verlegen). So, so, der Herr Pfarrer, hm, hm!

Michel. Ja! Und was ich weiß, das is, daß uns in Matrei und wo anders nur gsagt wurd, die neuen Gsetz sein nix nutz – von den nämlichen Leuten, die ehnder es nit der Müh wert gfunden habn, uns aufzklären, warum grad die alten was hätten taugn solln!

Schulmeister. Schweig du und laß mich reden! Talmüller-Loisl, öffentlicher Sünder, tritt vor, ich beschwöre dich, tritt vor! – Siehst du nicht in dieser wunderbaren Begegnung, die ist, als ob sich dir die Heerscharen des Himmels selbst entgegenwürfen, einen Fingerzeig des Himmels?! Noch ist es Zeit, laß die unheilvolle Hand der Ketzerin fahren! Willst du der

Empfohlene Zitierweise:
Ludwig Anzengruber: Der Pfarrer von Kirchfeld. Aus: Ludwig Anzengrubers sämtliche Werke. Band 2. Wien 1922, Seite 25. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Ludwig_Anzengrubers_s%C3%A4mtliche_Werke_II_025.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)