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Ludwig Anzengruber: Der Pfarrer von Kirchfeld. Aus: Ludwig Anzengrubers sämtliche Werke. Band 2

Sie auf Fehler aufmerksam zu machen, die Sie bisher in Ihrer Amtstätigkeit gemacht, das dürfte Ihnen vielleicht besser frommen als mein theoretischer Kurs.

Hell. Ei, ganz gewiß!

Finsterberg. Da ergibt sich ganz von selbst ein kleines Normale, denn durch Schaden wird man klug.

Hell. Ja wohl, ja wohl; doch dünkt mich das noch immer besser, als man wird – durch Nutzen dumm! Ich bitte, meine Fehler!

Finsterberg. Ja, ja, lassen Sie mich nur besinnen!

Hell. Sind ihrer so viele?

Finsterberg. Das nicht, das nicht, hähähä! (Für sich.) Mir scheint, der schraubt mich! (Trocken, belehrend.) Ich will bei Ihrem größten Fehler, weil unverzeihlichsten, beginnen, wenn auch die andern gerade nicht die kleinsten sind. Jetzt, wo rings im Lande die fromme Stimmung im schönsten Flusse ist, wo das Volk zu den Versammlungen wallfahret, warum halten Sie Ihre Gemeinde davon ab?

Hell. Das tu ich, ja, – und heut und morgen tu ich’s und immer wieder! Das ist eine selbstmörderische Bewegung gegen das sich verjüngende Vaterland.

Finsterberg. Was Vaterland – mit solchen Gesetzen? Herr, dort ist unser Vaterland, jenseits (weist gegen die Berge, verbessert aber rasch die Richtung des Armes gegen den Himmel), das heißt dort, dort ist unser Vaterland, jenseits! Was wollen Sie? Die Gesetze der Kirche und die Gesetze des Staates dürfen nicht miteinander in Kollision geraten.

Empfohlene Zitierweise:
Ludwig Anzengruber: Der Pfarrer von Kirchfeld. Aus: Ludwig Anzengrubers sämtliche Werke. Band 2. Wien 1922, Seite 17. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Ludwig_Anzengrubers_s%C3%A4mtliche_Werke_II_017.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)