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Bild selbst aber ist nicht da: denn der Sonnengott und die Mondgöttin sind die einzigen, von welchen sie keine Bilder haben. Warum dieß so ist, habe ich ebenfalls erkundet. Sie sagen nämlich, von den übrigen Gottheiten sey es erlaubt, sich Bilder zu verfertigen, denn sie erscheinen nicht Jedermann in sichtbarer Gestalt: der Sonnengott hingegen und die Mondgöttin erscheinen helle leuchtend aller Welt und werden von männiglich gesehen. Wozu solle man also ein Bild verfertigen von Dem, was sichtbarlich am Himmel stehe?

35. Von diesem Throne weiterhin steht die Bildsäule des Apollo, aber nicht, wie sie gewöhnlich gemacht wird. Denn alle Andern denken sich den Apollo als Jüngling, und stellen ihn in der ersten Jugendblüthe dar: hier allein aber hat man ein bärtiges Apollobild. Und hierin behaupten sie allein recht daran zu seyn, und tadeln die Griechen und alle anderen Völker, so den Apollo als einen jugendlichen Gott verehren. Der Grund ist aber der. Es scheint ihnen großer Unverstand zu seyn, den Göttern unvollkommene Gestalten zu geben: die Jugend aber halten sie für etwas noch Unvollkommenes. Und auch dieß ist etwas Besonderes an ihrem Apollo, daß sie ihm eine Bekleidung geben.

36. Von den Verrichtungen dieses Apollo hätte ich zwar Vieles zu sagen: allein ich will nur das Merkwürdigste anführen, und zuerst seines Orakels erwähnen. Zwar gibt es auch bei den Griechen viele Orakel, und nicht minder bei den Aegyptiern, in Libyen und ganz Asien. Aber von allen diesen vernimmt man die Sprüche nur durch den Mund der Priester und Propheten. Dieser Apollo dagegen bewegt sich selbst und verrichtet das ganze Geschäft der Weissagung völlig

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Lukian von Samosata: Lucian’s Werke. J. B. Metzler, Stuttgart 1827–1832, Seite 1743. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Lucians_Werke_1743.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)