Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

20. Weil ihm aber der König nicht nachgeben wollte, so wagte er die zweite Bitte, ihm wenigstens eine Frist von sieben Tagen zu bewilligen. Wenn er alsdann seine nöthigsten Angelegenheiten ins Reine gebracht hätte, so möge er ihn absenden. Diese Bitte ward ihm gewährt, und Combabus ging nach Hause. Hier aber warf er sich zu Boden und weheklagte: „O ich Unglückseliger! Was habe ich nun von meiner Treue? Eine Reise zu machen, deren Ausgang ich voraussehe! Ich bin jung, und soll der Begleiter eines schönen Weibes seyn? Das wird mein Verderben werden, wenn ich nicht Alles aus dem Wege schaffe, was mir ein Unglück bereiten kann. Darum – es muß seyn! ich muß eine schwere That vollbringen, die mich von aller Furcht befreien solle.“ Und da er also gesprochen, verstümmelte er sich selbst, indem er sich das Schamglied abschnitt, welches er, zugleich mit Myrrhen, Honig und sonstigen wohlriechenden Essenzen, in eine kleine Capsel verschloß. Diese versiegelte er mit seinem Ringe und heilte seine Wunde. Und als die Zeit gekommen war, die Reise anzutreten, trat er vor den den König, und übergab ihm im Beiseyn Vieler die Capsel, und sprach zu ihm also: „Dieses, mein Herr und Gebieter, ist das größte Kleinod, so ich in meinem Hause verwahrte, und was mir gar sehr am Herzen liegt. Nunmehr aber, da ich eine große Reise antrete, will ich dasselbe bei dir niederlegen. Du wollest es mir sicher verwahren. Denn es ist mir werther als Gold, und gilt mir so viel als mein eigen Leben. Und wofern ich wieder komme, möge ich es unversehrt wieder empfangen.“ Der König übernahm die Capsel, versiegelte sie

Empfohlene Zitierweise:
Lukian von Samosata: Lucian’s Werke. J. B. Metzler, Stuttgart 1827–1832, Seite 1732. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Lucians_Werke_1732.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)