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7. Dem Bräutigam Chäreas zu Ehren hatte man seinen Lehrer, den Platoniker Ion gebeten, einen Mann von sehr ernstem, ehrwürdigem Aussehen, auf dessen Gesicht der Ausdruck eines gewissen feierlichen Anstandes lag. Mit Rücksicht auf die gemessene Ordnung seiner ganzen Denk- und Lebensweise gaben ihm seine Schüler den Beinamen Canon (Musterbild). Bei seiner Erscheinung erhoben sich Alle von ihren Plätzen und empfingen ihn als einen Mann, der nicht ihres Gleichen wäre. Und in der That, man glaubte ein höheres Wesen erscheinen zu sehen, als der große Ion eintrat.

8. Als die Gäste so ziemlich beisammen waren, und man sich zur Tafel lagerte, nahmen die Frauen, deren nicht Wenige zugegen waren, die Reihen rechts vom Eingange ein, und unter ihnen die Braut, sorgfältig verschleiert und von ihren Frauen umgeben. Der Thüre gegenüber ließ sich die übrige Menge nieder, Jeder nach seinem Rang und Ansehen.

9. Zuerst nahmen, den Frauen im Gesichte, Eucritus und Aristänetus Platz: nun aber entstand die Bedenklichkeit ob der Stoiker Zenothemis, oder der Epicuräer Hermon zunächst folgen solle. Jener war zwar der ältere; allein Dieser ist Priester der Dioscuren und Glied einer der ersten Familien der Stadt. Zenothemis half der Verlegenheit ab. „Wenn du mich“, sagte er zu Aristänet, „diesem Hermon nachsetzest, einem Menschen, der, um nichts Aergeres zu sagen, ein Epicuräer ist, so gehe ich auf der Stelle und bedanke mich für deine Mahlzeit!“ Mit diesen Worten rief er seinem Burschen und machte wirklich Miene, fortzugehen.

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Lukian von Samosata: Lucian’s Werke. J. B. Metzler, Stuttgart 1827–1832, Seite 1696. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Lucians_Werke_1696.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)