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5. Auch die Götter freuen sich ihrer Heimathsorte. Wiewohl sie über allen menschlichen Dingen walten und alle Länder und Meere als ihnen angehörig betrachten, so ist es die Stadt seiner Geburt, die Jedem mehr als alle anderen werth ist. Die Städte, welche Heimathsorte von Göttern sind, sind heiliger; die Inseln, wo eines Gottes Geburtsfest gefeiert wird, sind ehrwürdiger als alle übrigen. Und kein Opfer, glaubt man, finde bei den Göttern günstigere Aufnahme, als welches man an solchen Orten darbringt, die ihnen die befreundetsten sind. Wenn also schon die Götter der Vaterstadt Namen so hoch achten, wie viel mehr sollten es nicht die Menschen?

6. In seiner Vaterstadt hat Jeder das Licht der Sonne zuerst erblickt, und so betrachtet Jeder sogar auch diese Gottheit, so allgemein sie ist, doch als eine heimathliche, weil er von hier aus sie zum erstenmale gesehen hat. Hier gab er seine erste Stimme von sich; in der Mundart der Heimath lernte er seine ersten Worte sprechen; hier lernte er die Götter kennen. Wenn auch zu seiner höheren Ausbildung die Heimath ihm nicht genügte, sondern er genöthigt war, eine andere Stadt aufzusuchen, so dankt er ihr wenigstens die Grundlage seiner Bildung: denn wenn er nicht in der Vaterstadt gelernt hätte, welche andere Städte es noch gibt, würde er ja auch den Namen jener nicht erfahren haben.

7. Und wenn wir uns gelehrte Kenntnisse einsammeln, so geschieht es, denke ich, um der Vaterstadt damit nützlich werden zu können. Viele suchen reich zu werden, nur weil sie eine Ehre darein setzen, ihr Geld zum Besten der Vaterstadt aufzuwenden: und mit allem Recht, behaupte ich. Wie

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Lukian von Samosata: Lucian’s Werke. J. B. Metzler, Stuttgart 1827–1832, Seite 1514. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Lucians_Werke_1514.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)