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Zweikampf, wo etwa eine Blöße an dem Gegner zu erspähen seyn möchte. Jeder will hier der Erste seyn, und drängt und stößt seinen Nebenmann auf die Seite, Dem aber, der vor ihm ist, sucht er wo möglich ein Bein zu unterschlagen, um ihn zu Fall zu bringen. Der Rechtschaffene ist hier meist rettungslos verloren: er wird gestürzt, und am Ende mit Schimpf und Schande fortgejagt. Wer am besten schmeicheln kann, und dessen arglistige Kniffe den meisten Eingang finden, der steht in höchsten Ehren. Ueberhaupt gewinnt hier nur Der, welcher Andere verdrängt; aber oft bewährt sich auch das Wort Homers [Il. XVIII, 309.]:

Gleich ist Ares gesinnt, und oft auch den Schlagenden schlägt er.

Und als ob der Gegenstand ihres Streitens von der größten Wichtigkeit wäre, so ersinnen diese Menschen die verschiedensten Mittel und Wege, um einander beizukommen. Das kürzeste und sicherste Mittel zum Verderben des Andern aber ist die Verläumdung. Ihr Ursprung ist Neid, Haß und die Hoffnung auf Vortheil; ihre Wirkungen aber sind die verderblichsten und traurigsten, und reich an dem mannigfaltigsten Ungemach.

11. Uebrigens ist es keine so leichte und einfache Sache um die Verläumdung, wie vielleicht Mancher sich einbildet; sondern sie erfordert ein sehr künstliches, besonnenes und behutsames Verfahren. Denn sie wäre nicht vermögend, so großen Schaden anzurichten, wenn sie sich nicht Zutrauen zu verschaffen wüßte; sie würde nie die allgewaltige Wahrheit überwältigen, wenn sie nicht das Einschmeichelnde und Ueberredende und tausend andere Reize gegen ihren Zuhörer in Bereitschaft hätte.

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Lukian von Samosata: Lucian’s Werke. J. B. Metzler, Stuttgart 1827–1832, Seite 1448. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Lucians_Werke_1448.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)