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4. Philokles. Doch sollt’ ich denken, daß man den Dichtern und den Städten Das zu Gute halten könnte, mein Tychiades. Jenen ist es Bedürfniß, in ihre Werke den Reiz des Wunderbaren zu verweben, was für ihre Zuhörer immer das Anziehendste ist. Die Athener hingegen und Thebaner und Andere suchen durch Sagen dieser Art ihrem Vaterlande mehr Glanz und Ansehen zu verschaffen. Und wollte man diese ganze Masse des Fabelhaften aus Griechenland verbannen, was bliebe den armen Periegeten[1] anderes übrig, als Hungers zu sterben, da ja die Fremden die nackte Wahrheit nicht einmal umsonst anzuhören Lust hätten? Aber Leute, die ohne irgend einen solchen Beweggrund sich ein Vergnügen daraus machten, zu lügen, blos um zu lügen, diese wären allerdings in hohem Grade belachenswerth.

5. Tychiades. Ganz recht. So eben komme ich von dem hochangesehenen Eukrates her, aus dessen Munde ich des Unglaublichen und Mährchenhaften eine große Fülle vernommen habe. Ja ich machte mich aus dem Staube, noch ehe er zu Ende war: denn es war mir, als ob mich die Furien vertrieben, als ich den Mann eine solche Menge der abenteuerlichsten Ungereimtheiten herausschwatzen hörte.

Philokles. Und doch gilt dieser Eukrates für einen sehr glaubwürdigen Mann. Man sollte doch wohl nicht vermuthen, daß dieser ehrwürdige Sechziger mit seinem langen Barte, der sein Leben fast ausschließlich der Philosophie gewidmet, es ertragen könnte, wenn ein Anderer in seiner


  1. D. i. Herumführer, Cicerone.
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Lukian von Samosata: Lucian’s Werke. J. B. Metzler, Stuttgart 1827–1832, Seite 1358. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Lucians_Werke_1358.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)