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ich that, als wäre ich verliebt in die siebzigjährige Alte, die nur noch vier Zähne, mit Golddraht befestigt, im Munde hatte. Weil ich ein armer Schlucker war, ließ ich mir den harten Dienst gefallen; aber nur der Hunger konnte mir jene kalten Grabesküsse versüßen. Schon hatte sie mich zu ihrem Universalerben ernannt, als ein vertrackter Kerl von Bedienten ihr hinterbrachte, ich hätte Gift eingekauft. Nun wurde ich zwar kopfüber aus dem Hause geworfen, allein es ging mir deswegen um nichts schlimmer.

25. Denn nun lernte ich den leichten Weg kennen, von dem ich dir sagte, schlug ihn ein, und war schnell auf der Höhe, da es mir, ohne Ruhm zu melden,[1] an den genannten Erfordernissen, an Keckheit, Ignoranz und Schamlosigkeit, durchaus nicht gebrach. Das Erste war, daß ich meinen Namen Pothínus ablegte, und mich zu einem Namensverwandten von Jupiter’s und der Leda Söhnen machte.[2] Ich gelte nun für einen Redner, und treibe mich in den Gerichtshöfen um. Zwar sind meine Clienten meistens verkauft und verrathen, indem ich einen Prozeß um den andern verliere: dessenungeachtet grünt mein Palmkranz[3] lustig vor meiner Thüre, womit ich die armen Tröpfe wie mit Lockspeise anködere. Und was mir nicht wenig schmeichelt, ist, daß mich kein Mensch leiden kann; daß mir die Schlechtigkeit


  1. Die Griechische Formel ist: O liebe Adrastéa! der man sich bediente, um nicht die Nemesis durch Selbstlob zu reizen.
  2. Vielleicht, daß also der Rhetor, dem diese Satyre hauptsächlich galt, Dioscorides hieß.
  3. Die gewöhnliche Etikette vor den Häusern der Advokaten.
Empfohlene Zitierweise:
Lukian von Samosata: Lucian’s Werke. J. B. Metzler, Stuttgart 1827–1832, Seite 1353. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Lucians_Werke_1353.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)