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31. Ich fand nämlich, daß sie das vernünftige Betragen und die einfache, würdevolle Haltung, welche sie damals behauptete, als der große Päanier [Demosthenes] sie zur Lebensgefährtin wählte, abzulegen anfing; sie putzte sich heraus wie eine Hetäre, ordnete ihre Haare auf’s künstlichste, schminkte sich und färbte die Augbraunen, so daß ich argwöhnisch wurde, und ihre Blicke von jetzt an schärfer beobachtete. Erlaßt mir das Nähere über Das, was ich Alles sehen mußte: kurz, es verging keine Nacht, wo nicht die Straße vor unserer Wohnung voll betrunkener Liebhaber war, die meiner Frau ein Ständchen brachten, an die Thüre klopften, und bisweilen die Unverschämtheit so weit trieben, mit Gewalt eindringen zu wollen. Meine Frau lachte und hatte ihre Freude an dem Spectakel, lehnte sich über die Gallerie des Daches heraus, und hörte den Burschen zu, wie sie aus ihren rauhen Kehlen verliebte Liederchen zu ihr hinaufsangen. Einigemal, wenn sie glaubte, daß ich es nicht merkte, öffnete ihnen die Lüderliche sogar die Thüre, und gab sich ihren ehebrecherischen Liebkosungen hin. So unerträglich mir Dieß war, so hielt ich es doch nicht für der Mühe werth, eine Ehebruchs-Klage deßwegen anzustellen, sondern zog vor, zu meinem Nachbar Dialogus, hinüberzuziehen und bei ihm sofort meinen Aufenthalt zu nehmen.

32. Das ist denn nun das große Unrecht, ihr Richter, welches ich der Rhetorik angethan haben soll. Doch – wenn die Aufführung Derselben auch nicht die gewesen wäre, die sie war, so konnte es einem Manne von vierzig Jahren überhaupt nicht zu verargen seyn, wenn er des lärmenden Gezänkes in den Gerichtshöfen endlich los seyn, und den Geschwornen

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Lukian von Samosata: Lucian’s Werke. J. B. Metzler, Stuttgart 1827–1832, Seite 1278. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Lucians_Werke_1278.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)