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wenn Einer in der Stadt bewehrt geht ohne Noth, oder Waffen in eine öffentliche Versammlung bringt. Euch ist es freilich nicht zu verdenken, die ihr beständig unter den Waffen leben müßt. Denn da ihr durch keine Mauern geschützt seyd, so ist es leicht, euch zu überfallen. Ihr habt viele Feinde und wisset nie, wenn Einer plötzlich erscheint, und den Andern schlafend von seinem Wagen herunterzieht und niedermacht. Da ihr nach Willkühr und ohne Gesetze zusammenlebt, so macht das wechselseitige Mißtrauen[1] das Schwert unentbehrlich, um sogleich eine Schutzwehr gegen Gewaltthat bei der Hand zu haben.

34. Anacharsis. Wie, Solon, also Waffen tragen, wenn keine Noth zwingt, scheint euch überflüssig? Ihr schonet eure Waffen, und bewahret sie sorgfältig auf, damit sie durch das beständige Handhaben nicht verdorben werden, in der Meinung, ihr werdet sie schon zu gebrauchen wissen, wenn die Noth an Mann geht: die Körper eurer Söhne aber lasset ihr, ohngeachtet keine Gefahr nöthigt, zerarbeiten, zerschlagen, und im Schweiße sich verbrauchen; und statt ihre Kräfte auf den Nothfall zu sparen, vergeudet ihr sie leichtsinnig im Kothe und Staube?

Solon. Du scheinst mir, mein Lieber, eine Vorstellung von der Kraft zu haben, als ob sie etwas dem Weine oder Wasser oder irgend einer Flüssigkeit Aehnliches wäre. Da fürchtest du nun, sie möchte, wie aus einem irdenen Gefäße, unter den Anstrengungen nach und nach entschwinden, und


  1. Mit Lehmann: ἀπιεία, αὐθαιρέτως, καὶ μὴ ἐν νόμῳ ξυμπολιτευομένων.
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Lukian von Samosata: Lucian’s Werke. J. B. Metzler, Stuttgart 1827–1832, Seite 1212. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Lucians_Werke_1212.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)