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Hof machen: Knabenschänder, Vatermörder, Tempelräuber stehen in höchsten Ehren, und nehmen die ersten Stellen im Schiffe ein, während eine Menge wackerer Leute sich im Raume des Schiffes zusammendrückt, und ausgemacht schlechte Kerls über ihren Köpfen wandeln lassen muß. Erinnere dich nur, was Sokrates, Aristides, Phocion für eine Fahrt gehabt haben, wie oft es ihnen sogar am trockenen Brode gebrach, und wie ihnen kaum Platz genug vergönnt war, ihre Beine auf den harten Bretern neben der Pumpe auszustrecken; in welchem Ueberflusse dagegen ein Kallias, Midias, Sardanapal schwelgte, und mit welchem empörenden Uebermuthe sie allen Denen, welche unter ihnen waren, begegneten.

49. So geht es in deinem Schiffe zu, mein hochweiser Timokles. Daher die unzähligen Schiffbrüche. Stände ein Steuermann mit umsichtigem Blicke und ordnendem Geiste am Ruder, so würde er für’s Erste wissen, Wer die Guten und Wer die Schlimmen seiner Passagiere sind; für’s Zweite würde er Jeden nach Verdienst lohnen, und die Guten auf die bequemen obern Plätze neben ihm selbst, die Nichtswürdigen unten an setzen; Einige der Vortrefflichsten würde er zu seinen Tischgenossen und Rathgebern machen, und von seinen Matrosen je dem Tüchtigsten und Fleißigsten den Befehl über das vordere Verdeck, über die Seiten, oder gar über die ganze Mannschaft anvertrauen, den Faulen und Liederlichen hingegen fünfmal des Tages mit dem Tau-Ende bläuen lassen. Du siehst also, mein wunderlicher Timokles, dein Gleichniß mit dem Schiffe ist in großer Gefahr zu scheitern; denn es hat einen sehr ungeschickten Steuermann erhalten.

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Lukian von Samosata: Lucian’s Werke. J. B. Metzler, Stuttgart 1827–1832, Seite 1143. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Lucians_Werke_1143.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)