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Schlaf – alles Dieß mußte doppelt angreifend, ja unausstehlich für einen Mann seyn, der noch nie in einer solchen Lage gewesen, und überhaupt nicht an eine harte Lebensart gewöhnt war.

30. Schon hatte sein verzweiflungsvoller Zustand in ihm den Entschluß hervorgebracht, keine Nahrung mehr zu nehmen, als endlich Demetrius zurückkam, der von dem ganzen Vorfalle Nichts gewußt hatte. Sobald er es erfuhr, eilte er unverzüglich dem Gefängnisse zu, wurde aber nicht eingelassen, weil es schon Abend war, und der Kerkermeister längst geschlossen und sich zur Ruhe begeben hatte, während seine Knechte das Gebäude (von außen) bewachten. Erst in der Frühe des andern Tages erhielt er nach vielen Bitten Erlaubniß, einzutreten. Allein das Elend hatte seinen Freund so unkenntlich gemacht, daß er anfänglich bei allen Gefangenen herumgehen mußte, um ihn zu suchen; gerade wie Die, welche auf den Schlachtfeldern aus den schon halbverwesten Todten die Leichen der Ihrigen herausfinden wollen. Hätte er ihn nicht mit lauter Stimme bei Namen gerufen, er wäre seiner Sache noch lange ungewiß geblieben: so gänzlich hatte das ausgestandene Ungemach den Antiphilus umgewandelt. Als aber Dieser die bekannte Stimme vernahm, schrie er laut auf, strich sich das lange verworrene Haar aus dem Gesichte, und gab sich dem herbeieilenden Freunde zu erkennen. Dieses so unerwartete Wiedersehen übermannte ihre Sinne; sie sanken wie betäubt zu Boden. Demetrius, der zuerst wieder Fassung gewann, brachte allmählig auch den Antiphilus wieder zu sich selbst, ließ sich von ihm die Geschichte seiner Verhaftung ausführlich erzählen, und bat ihn, den Muth nicht sinken zu lassen. Zugleich theilte er

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Lukian von Samosata: Lucian’s Werke. J. B. Metzler, Stuttgart 1827–1832, Seite 1014. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Lucians_Werke_1014.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)