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24. Mnesippus. Sehr wahr. Nun laß dir von dem Vierten erzählen, von Zenothemis, des Charmolaus Sohn, aus Massilien [Marseille]. Als ich vor einiger Zeit in Angelegenheiten meiner Vaterstadt in Italien war, machte man mich auf einen sehr schönen, wohlgewachsenen, und, wie es schien, reichen Mann aufmerksam, der auf einem Wagen fuhr und neben sich eine Frau sitzen hatte, deren abschreckende Häßlichkeit kaum zu beschreiben ist. Sie war schlecht gebaut, auf der ganzen rechten Seite wie ausgedörrt, einäugig, kurz eine wahre Vogelscheuche. Als ich meine Verwunderung äußerte, wie ein so wohlgebildeter und feiner Mann eine so widrige Gestalt an seiner Seite dulden könne, so erzählte mir der Mann, der mir das Ehepaar gezeigt hatte, die Geschichte dieser Verbindung, die er um so genauer kannte, da er selbst aus Massilien war. Menekrates, der Vater dieser Häßlichen, war ein Freund des Zenothemis, und hatte mit ihm auf gleicher Stufe des Ansehens und Reichthums gestanden. Nach einiger Zeit aber hatte Menekrates das Unglück, wegen eines verfassungswidrigen Antrags, dessen man ihn beschuldigte, durch richterliches Erkenntniß der Sechshundert seines Vermögens und seiner bürgerlichen Ehre verlustig erklärt zu werden, was zu Massilien die gewöhnliche Strafe für Vergehen dieser Art seyn soll. So tief den Menekrates eine Verurtheilung kränkte, die ihn in wenigen Augenblicken aus einem reichen Mann zu einem Bettler, aus einem angesehenen Bürger zu einem ehrlosen machte, so ging ihm doch noch mehr das Schicksal seiner nunmehr achtzehnjährigen Tochter zu Herzen, für die nun vollends alle Aussicht auf Versorgung verschwunden war, da sich sogar auch bei den

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Lukian von Samosata: Lucian’s Werke. J. B. Metzler, Stuttgart 1827–1832, Seite 1009. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Lucians_Werke_1009.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)