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uns den Namen seines Vaters, als die Thaten des Orestes und Pylades vergessen. Dasselbe aber, was die Säule enthält, zeigt auch die Umfangsmauer des Tempels in Gemälden, die sämmtlich von alten Künstlern verfertigt worden sind. Auf dem ersten erblickt man den Orestes mit seinem Freunde zu Schiffe; das zweite zeigt ihr Fahrzeug an den Klippen zerschellt, sie selbst ergriffen, zum Opfer zugerüstet, und die Iphigenia eben im Begriffe, die Opferhandlung zu verrichten. Gegenüber an der andern Seite der Mauer erscheint Orest, wie er sich von seinen Fesseln befreit hat, und den König Thoas und viele andere Scythen niedermacht. Das letzte Gemälde endlich stellt die Freunde wieder zu Schiffe dar, wie sie die Iphigenia und ihre Göttin davon führen: die Scythen bemühen sich vergeblich, das absegelnde Fahrzeug zurückzuhalten; sie hängen sich an das Steuerruder und suchen das Verdeck zu erklimmen, Viele aber, da sie nichts ausrichteten, schwimmen theils verwundet, theils aus Furcht wieder dem Lande zu. In diesem Kampfe mit den Scythen legte sich besonders ihre gegenseitige treue Freundschaft an den Tag. Der Maler hat nämlich Beide in dem Augenblicke dargestellt, wie Jeder, unbekümmert um seine eigenen Gegner, nur beschäftigt ist, die auf den Andern eindringenden Feinde abzuwehren, und ihren Geschossen sich entgegenzustellen: den Tod für Nichts achtend, will Jeder nur den Freund retten, und fängt mit dem eigenen Leibe die Streiche auf, die Diesem gelten.

7. Eine solche aufrichtige, treue und unwandelbare gegenseitige Liebe nun, eine Freundschaft, die gemeinschaftlich alles Ungemach trägt, hielten wir für etwas mehr als menschliches,

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Lukian von Samosata: Lucian’s Werke. J. B. Metzler, Stuttgart 1827–1832, Seite 993. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Lucians_Werke_0993.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)