Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

kommt es mir gerade vor, als wenn man einem häßlichen Gesichte eine schöne Maske angelegt hätte, und dieser Mensch wollte sich große Stücke auf eine Schönheit einbilden, welche ihm der erste beste Vorübergehende abziehen und zerstören könnte; wo er denn eine um so lächerlichere Figur machen würde, wenn das wirkliche Gesicht zu Tage käme, das unter der schönen Larve gesteckt hatte. Nicht anders wäre es, wenn sich ein Zwerg den tragischen Kothurn anschnallte, und nun einen Wettstreit der Größe mit Männern eingehen wollte, die auf gleichem Boden um eine ganze Elle über ihn hinaus ragten.“

4. Sie erzählte mir bei dieser Gelegenheit von einer gewissen vornehmen Frau, die zwar sehr schöne und gefällige Gesichtszüge, aber einen viel zu kleinen Wuchs besaß, um für gut gebaut gelten zu können. Ein Dichter nun hatte den Einfall, in einem Lobgedicht auf sie auch ihre prächtige und majestätische Gestalt zu besingen, und sie in dieser Beziehung mit einer schlanken Pappel zu vergleichen. Das gute Weibchen war ganz entzückt von dieser Artigkeit: sie glaubte unter dem Vortrage dieser Verse wirklich größer zu werden, und gab ihren Beifall auf das Lebhafteste zu erkennen, so daß der Poet, wie er sah, daß seine Lobsprüche mit solchem Vergnügen aufgenommen wurden, dieselbe Stelle einigemal wiederholte, bis ihm Einer der Anwesenden leise in’s Ohr sagte: „So sey doch einmal stille; oder du wirst noch machen, daß sie aufsteht!“

5. Aehnlich, aber noch ungleich lächerlicher war, wie sie erzählte, das Benehmen der Gemahlin des Seleucus, Stratoníce. Diese hatte ein Talent demjenigen Dichter als Preis

Empfohlene Zitierweise:
Lukian von Samosata: Lucian’s Werke. J. B. Metzler, Stuttgart 1827–1832, Seite 970. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Lucians_Werke_0970.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)