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wir immer dieses Bild gelten, so wie es ist: ich glaube wenigstens nicht, daß sich etwas daran aussetzen ließe.

17. Lycinus. Ganz und gar nicht, Polystratus! Es ist vielmehr vortrefflich und in allen seinen Zügen vollendet.

Polystratus. Hiernächst habe ich dir ein Bild ihrer Weisheit und ihres Verstandes zu zeichnen, und hiezu werde ich mehrerer Originale bedürfen, von welchen der größere Theil dem Alterthum, und Eines Ionien selbst angehört. Die Meister, die jene Originale malten, sind Aeschines, der Freund des Socrates, und Socrates selbst, Künstler, denen unter Allen das Treffen am besten gelang, und hier um so mehr, als sie mit Liebe malten.

Die berühmte Milesierin Aspasia nämlich, die Geliebte des allbewunderten, ja vergötterten Perikles, gibt uns ein nicht unbrauchbares Bild des Verstandes ab; und Alles, was sie von Kenntniß öffentlicher Geschäfte, von seinem politischem Blick, schneller Besonnenheit und Schärfe des Urtheils besaß, wollen wir ganz genau in unser Gemälde übertragen, nur mit dem Unterschied, daß das Bild der Aspasia auf einem sehr kleinen Raume entworfen, das unsrige hingegen im colossalem Maßstabe zu zeichnen ist.

Lycinus. Wie verstehe ich Das?

Polystratus. Ich meine, die Bilder sind zwar ähnlich, aber von ungleicher Größe. Denn der damalige Staat von Athen, und das gegenwärtige Römerreich lassen auch nicht von Ferne eine Vergleichung zu. Und so hat, bei aller Aehnlichkeit der Züge, unsre Panthéa an Größe den Vorzug vor Aspasia, weil sie auf einer geräumigern Tafel gemalt ist.

Empfohlene Zitierweise:
Lukian von Samosata: Lucian’s Werke. J. B. Metzler, Stuttgart 1827–1832, Seite 964. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Lucians_Werke_0964.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)