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mir alle achtungswerth; den Socrates aber verehre, den Diogenes bewundere, und den Aristipp liebe ich.“

63. Demónax brachte sein Leben beinahe auf hundert Jahre, ohne Krankheit, ohne Schmerz, ohne einem Menschen zur Last zu seyn, ohne von irgend Jemand Etwas zu begehren, nützlich und hilfreich seinen Freunden, und ohne auch nur einen einzigen Feind gehabt zu haben. Nicht nur von allen Athenern, sondern von ganz Griechenland genoß er solche Achtung und Liebe, daß, wo er öffentlich auftrat, auch die Vornehmsten von ihren Sitzen sich erhoben und eine allgemeine Stille erfolgte. In seinen letzten Jahren trat der ehrwürdige Greis ungeladen, wo es ihm beliebte, in jede Wohnung ein, speiste und schlief dort; und die Bewohner glaubten jedesmal, die Erscheinung eines höheren Wesens, eines guten Genius zu sehen, der Glück und Segen über ihr Haus bringen werde. Ging er an den Bäckerbuden vorbei, so zogen ihn die Verkäuferinnen um die Wette zu sich; jede bat ihn, ein Brod von ihr anzunehmen, und welche ihm eines geben durfte, glaubte Wunder, wie glücklich sie wäre. Sogar die kleinen Kinder brachten ihm Früchte, und nannten ihn Vater.

64. Bei einem Volksaufstande zu Athen begab er sich in die Versammlung, und seine bloße Erscheinung machte, daß plötzlich Alles schwieg; so wie er nun sah, daß die Gemüther zur Ruhe und Besinnung zurückgekehrt waren, ging er wieder nach Hause, ohne ein Wort verloren zu haben.

65. Wie er endlich fühlte, daß er ferner nicht im Stande seyn würde, fremder Hülfe zu entbehren, sprach er zu seinen

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Lukian von Samosata: Lucian’s Werke. J. B. Metzler, Stuttgart 1827–1832, Seite 948. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Lucians_Werke_0948.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)