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22. Vorzüglich aber kann man aus den Gedichten des Homer und Hesiod die Lehren der alten Astrologen kennen lernen. Wenn z. B. Homer von der Kette des Zeus sprich, und von den Sonnenrindern,[1] womit ohne Zweifel die Tage gemeint sind, und von den Städten, welche Vulcan auf dem Schilde des Achilles anbrachte, so wie dem Chor und dem Weinberge ebendaselbst, so ist alles Dieß, wie ich glaube, astrologisch zu verstehen. Wiederum die Geschichte von der ehebrecherischen Buhlschaft der Venus und des Mars, die so klar an den Tag gekommen, ist nichts anderes als die poetische Darstellung einer astrologischen Wahrheit; und der Gegenstand dieser Dichtung ist eigentlich die Constellation des Mars und der Venus. Ihre beiderseitigen Wirkungen und Einflüsse aber bezeichnet der Dichter an andern Stellen, z. B. wo Jupiter zur Venus spricht:[2]

Nicht dir wurden verliehen, mein Töchterchen, Werke des Krieges:
Ordne du lieber hinfort anmuthige Werke der Hochzeit.
Jene besorgt schon Mars, der Stürmende, und Athenäa.

23. Gemäß diesen Begriffen hielten die Alten sehr viel auf Prophezeiungen, und bedienten sich der Wahrsager als sehr wichtiger Personen. Keine Stadt wurde gegründet, keine Ringmauer erbaut, keine Schlacht geliefert, keine Ehe geschlossen, ohne daß man zuvor einen Wahrsager befragt hatte. Und diese Wahrsagerkunst stand in genauer Verbindung mit der Astrologie. In Delphi bekleidete eine Jungfrau das Prophetenamt als Symbol der Jungfrau am Firmament,


  1. βόας nach Barnes Vorschlag zu Odyss. XII, 129.
  2. Iliade V, 429. ff. Voß.
Empfohlene Zitierweise:
Lukian von Samosata: Lucian’s Werke. Stuttgart: J. B. Metzler, 1827–1832, Seite 927. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Lucians_Werke_0927.jpg&oldid=- (Version vom 18.8.2016)