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sind: er ward blutroth vor Scham, und der Schweiß brach ihm aus in seiner Verlegenheit. Endlich ließ er oder doch sein zartes und weibisches Stimmchen wieder ertönen: und meinte, und Diocles hätte sehr Unrecht, ihn, da er Eunuch sey, von der Philosophie ausschließen zu wollen, da ja auch Frauen Theil an ihrem Studium nähmen: er berief sich hiebei auf Aspasia, Diotíma, Thargelia, deren Vorgang allerdings für ihn sprach; auch führte er das Beispiel eines Philosophen der Akademie aus Gallien an[1], der noch kurz vor unserer Zeit ein großes Ansehen in Griechenland genoß. Allein Diocles entgegnete, er würde auch gegen diesen Eunuchen, vorausgesetzt, daß er wirklich einer war, eben so sehr, wenn er dieselben Ansprüche wie Bagóas gemacht hatte, protestirt haben, ohne sich dabei vor seinem Ansehen bei dem großen Haufen zu scheuen. Zugleich erzählte er einige lustige Einfälle von Stoischen und Cynischen Philosophen, welche eben die physische Unvollständigkeit jenes Galliers zum Gegenstande hatten.

8. Der Hauptpunkt der Untersuchung, bei welchem sich jetzt die Richter zu verweilen hatten, war also: ob ein Eunuch für bestätigt erklärt werden könne, einen philosophischen Lehrstuhl zu besteigen, und ob ihm die Vorsteherschaft über eine studierende Jugend übertragen werden dürfe? Sein Gegner behauptete, zu einem Philosophen sey durchaus eine ansehnliche Haltung, körperliche Vollständigkeit und vor allen Dingen ein tüchtiger Bart erforderlich, der den Meister bei seinen Lehrlingen in Respekt setze und den zehntausend Drachmen Ehre mache, mit denen er jährlich vom Kaiser bezahlt


  1. Des Favorinus ohne Zweifel.
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Lukian von Samosata: Lucian’s Werke. J. B. Metzler, Stuttgart 1827–1832, Seite 915. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Lucians_Werke_0915.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)