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ein gebildeter Mann und Freund des Schönen, nannte daher die Pantomimen Cheirosophen [Geberdenweise], und besuchte ihre Vorstellungen, um, wie er sagte, gebessert aus denselben zurückzukommen. Und Timokrates, sein Lehrer, der einmal zufällig dazu gekommen war, als ein Pantomime eine Vorstellung gab, brach in die Worte aus: „Ach! um welch’ ein Schauspiel hat mich bisher die Rücksicht auf meine Philosophenwürde gebracht!“

70. Wenn Plato’s Lehre von der menschlichen Seele gegründet ist, so versteht es Niemand besser als der mimische Tänzer, die drei Elemente derselben uns sichtbar zu machen; einmal das Heftige, wenn er einen Zürnenden darstellt, sodann das Verlangende, wenn er die Rolle eines Liebenden spielt, und drittens das Vernünftige, indem er jeden der Affecte im Zaume zu halten weiß. Denn diese Mäßigung der Affecte muß sich eben so sehr über alle Theile des Tanzes, wie der Gefühlsinn über den ganzen Körper, verbreiten. Und wenn des Tänzers Trachten bei seinem ganzen Geschäfte auf das Schöne und auf das Hervorbringen gefälliger Formen gerichtet ist, huldigt er nicht eben damit dem Grundsatze des Aristoteles, der unter die drei Stücke, welche das höchste Gut ausmachen, auch das Schöne rechnet? Ich hörte sogar einmal Jemanden über das Schweigen der Pantomimen die, freilich etwas gewagte, Bemerkung machen, daß in demselben eine Andeutung auf die pythagorische Philosophie enthalten sey.

71. Ueberdieß bieten andere Künste entweder nur das Angenehme, oder das Nützliche dar: die Tanzkunst allein vereinigt Beides. Das Nützliche aber ist um so wirksamer,

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Lukian von Samosata: Lucian’s Werke. J. B. Metzler, Stuttgart 1827–1832, Seite 895. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Lucians_Werke_0895.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)