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Denn ließe sich wohl etwas Ungereimteres denken, als wenn der Besitzer eines Prachtwerkes, das er dem Gotte zum Geschenke schickte, in Folge einer Abstimmung damit von dem Tempel zurückgewiesen, und, zum Lohne für seine Frömmigkeit, für unwürdig erklärt würde, eine Stiftung zu machen?

6. Zwar hat der Redner, welcher für die der meinigen entgegengesetzte Ansicht sprach, Vieles declamirt von Gewaltstreichen, die der Tyrann verübt haben sollte, von Mordthaten, Räubereien, Entführungen, gerade als ob er eben selbst aus Agrigent käme und Augenzeuge jener Unthaten gewesen wäre, da wir ja doch Alle wissen, daß der Mann noch niemals Delphi verlassen, um an Bord eines Schiffes zu steigen. Dergleichen Dinge darf man nicht einmal Denen auf’s Wort glauben, welche Solches an sich selbst erfahren zu haben, versichern: denn wir können nie wissen, ob sie die Wahrheit reden; geschweige daß wir auf Thatsachen, von welchen wir gar nicht unterrichtet sind, eine Anklage gründen dürften.

7. Und wenn auch wirklich Handlungen dieser Art in Sicilien vorgefallen seyn sollten, was haben wir damit in Delphi zu schaffen? es wäre denn, daß wir statt Priester, Richter seyn, und anstatt die Opfer zu besorgen, und dem übrigen Tempeldienst abzuwarten, und die eingehenden Weihgeschenke in Empfang zu nehmen, uns zu Gerichte setzen und untersuchen wollten, ob über die Staaten jenseits des Ionischen Meeres eine gerechte oder ungerechte Herrschaft ausgeübt wird.

8. Mag es doch bei Andern stehen, wie es will! Uns, meine ich, thut Noth, unsere eigenen Angelegenheiten wahrzunehmen, und zu wissen, was vor Zeiten unser Zustand gewesen,

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Lukian von Samosata: Lucian’s Werke. J. B. Metzler, Stuttgart 1827–1832, Seite 815. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Lucians_Werke_0815.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)