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Grad von Gottlosigkeit. Denn dieses Weihgeschenk verschmähen, wäre nichts Geringeres als ein Tempelraub, und zwar ein um so viel schwererer, als fromme Stiftungen zu verwehren, frevelhafter ist, denn bereits Gestiftetes zu entwenden.

3. Ich bin selbst ein Delphier und theile somit die Ehre oder die Schande, welche unser Gemeinwesen von gegenwärtiger Sache haben wird; darum bitte ich euch ernstlich, verschließet frommen Verehrern der Gottheit dieses Heiligthum nicht, setzet unsere Stadt nicht der übeln Nachrede aus, wir schikaniren die Geber wegen ihrer Geschenke an Apoll und urtheilen über sie gerichtlich und nach förmlicher Stimmenmehrheit ab. Wer würde da ferner Lust haben, Tempelgaben darzubringen, wenn man voraus wüßte, daß der Gott nichts annehme, was nicht zuvor die Genehmigung der Delphier erhalten hätte?

4. Ueberdieß hat ja Apollo bereits selbst seinen gerechten Willen in Betreff dieses Weihgeschenkes zu erkennen gegeben. Denn wäre ihm Phalaris verhaßt, und sein Geschenk ein Gräuel gewesen, so war es ihm ja ein Leichtes, das Fahrzeug sammt dem Stiere mitten auf dem Ionischen Meer untergehen zu lassen. Allein im Gegentheil, er verlieh ihnen, wie sie versichern, das herrlichste Wetter zu ihrer Ueberfahrt, und ließ sie gesund und wohlbehalten in Cirrha [dem Hafen von Delphi] anlanden.

5. Da also die Gottheit dieses Herrschers fromme Huldigung so augenscheinlich genehmigt, so habt auch ihr sie nicht anders zu beurtheilen, sondern diesen Stier den übrigen Kleinodien, welche unsern Tempel schmücken, beizufügen.

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Lukian von Samosata: Lucian’s Werke. J. B. Metzler, Stuttgart 1827–1832, Seite 814. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Lucians_Werke_0814.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)