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Der zweite Phalaris.[1]

1. Ihr Männer von Delphi! Ich bin weder der Agent der Agrigentiner bei unserer Republik, noch stehe ich in gastfreundschaftlichen Verhältnissen mit Phalaris insbesondere; auch habe ich sonst keine Ursache, die Absichten dieses Herrschers besonders zu begünstigen, noch auch irgend ein Interesse, mich um seine Freundschaft zu bewerben. Allein der Vortrag, den er durch seine hier anwesenden Gesandten uns machen ließ, scheint mir so vernünftig und der Billigkeit gemäß, daß ich, in Betracht Dessen, was die Religion, das allgemeine Beste, und hauptsächlich die Ehre Delphi’s uns zu thun räth, mich erheben zu müssen glaube, um euch zu rathen, einen fromm gesinnten Fürsten nicht zu beleidigen, und unserer Gottheit ein ihr bereits zugesprochenes Weihgeschenk nicht zu entziehen, welches, in dreifacher Rücksicht, für ewige Zeiten ein höchst wichtiges Denkmal ausgezeichneter Kunst, sinnreicher Erfindung für einen abscheulichen Zweck, und einer wohl verdienten Bestrafung zu seyn bestimmt ist.

2. Ich gestehe, schon daß ihr überhaupt hierüber im Zweifel seyn könnet, und daß die Staatsvorsteher die Frage öffentlich aufgeworfen haben, ob man das Weihgeschenk annehmen oder wieder zurückschicken solle, schon Dieß halte ich für eine Versündigung, ja sogar für den höchsten


  1. Rede eines Delphiers zu Unterstützung des Vortrags der Gesandten des Phalaris.
Empfohlene Zitierweise:
Lukian von Samosata: Lucian’s Werke. J. B. Metzler, Stuttgart 1827–1832, Seite 813. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Lucians_Werke_0813.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)