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und ich mich nichts um dich bekümmerte, wenn du mich mit der Besorgung häuslicher Angelegenheiten beauftragtest, und ich sie vernachläßigte, wenn du mich anwiesest, Geschäfte auf deinem Landgute zu beaufsichtigen, und ich versäumte aus Trägheit, es zu thun – in allen solchen Fällen hättest du sehr gerechte Ursache, mich deine väterliche Unzufriedenheit fühlen zu lassen. Allein in Dingen, welche eine Kunst und ihre Ausübung betreffen, muß dem Sohne der freie Wille gelassen werden, so weit dem Vater dadurch nicht persönlich Unrecht geschieht. Wollte zum Beispiel der Vater eines Malers sprechen: diese Figuren sollst du malen, und jene nicht! – Der Vater eines Musikers: auf dieser Tonleiter sollst du spielen, auf jener nicht! – Der Vater eines Fabrikanten: Das hast du zu fabriziren, und Jenes nicht! – Wer würde es dulden, daß ein solcher Vater seinen Sohn verstoße, weil er sich in Ausübung seiner Kunst nicht nach den väterlichen Launen richten wollte?

23. Gewiß, kein Mensch in der Welt. Um so mehr muß also dem Kundigen der Heilkunst freie Hand gelassen werden, je vornehmer und dem Menschengeschlechte nützlicher diese ist, als alle übrigen Künste. Es ist nicht mehr als billig, daß ihm die Freiheit der Ausübung oder Nichtausübung als ein besonderes Vorrecht eingeräumt werde. Mit gebieterischem Zwang darf nicht gegen eine Wissenschaft verfahren werden, welche man dem Unterrichte der Götter und den Studien der weisesten Männer verdankt: sie muß befreit seyn von der Knechtschaft der Gesetze und von der Furcht vor den Gerichten und ihren Strafen, so wie vor den Drohungen eines Vaters und dem Zorne eines Unkundigen. Wenn ich

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Lukian von Samosata: Lucian’s Werke. J. B. Metzler, Stuttgart 1827–1832, Seite 792. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Lucians_Werke_0792.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)