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thun, in unsrer Willkühr stand, Das kann, wenn es nun einmal gethan ist, ohne Ungerechtigkeit nicht zurückgenommen werden. Wie sollte es sich vollends rechtfertigen lassen, wenn ein Vater den Sohn, der zuerst durch die Geburt und nachmals durch seinen freien väterlichen Willen sein Sohn geworden ist, abermals von sich stoßen, und mehr als Einmal Eines und desselben Kindesrechtes berauben wollte? Wäre ich dein Sclave gewesen, und du hättest mich in der Meinung, daß ich ein schlechter Bursche wäre, zu Ketten verurtheilt, in der Folge aber die Ueberzeugung von meiner Unschuld gewonnen und mir die Freiheit geschenkt, dürftest du wohl in einer neuen Anwandlung von Unwillen mich wieder in die vorige Sclaverei zurückführen? Gewiß nicht. Das Gesetz verlangt, daß dergleichen Verfügungen fest und unwiderruflich seyen. So viel noch hierüber zu sagen wäre, so mag es doch an dem Bisherigen genug seyn, um den Satz zu beweisen, daß Derjenige, welcher einen bereits einmal verstoßenen Sohn freiwillig wieder angenommen, kein Recht mehr habe, ihn zum zweitenmal zu verstoßen.

13. Werfet nun auch, ihr Richter, einen Blick auf die Person Dessen, den dieser Vater auf’s neue verstoßen will. Ich mache nicht den Umstand geltend, daß ich das Erstemal noch ein unwissender Mensch war, jetzt hingegen ein Arzt bin – denn was sollte mir in dieser Sache meine Kunst helfen? – Eben so wenig will ich für mich anführen, daß ich damals ein Jüngling war, gegenwärtig aber ein Mann von gesetztem Alter bin, der schon deswegen das Vorurtheil für sich hat, daß er keine schlechten Streiche mehr machen werde – denn auch Dieß dürfte nur von geringem Gewichte seyn.

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Lukian von Samosata: Lucian’s Werke. J. B. Metzler, Stuttgart 1827–1832, Seite 783. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Lucians_Werke_0783.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)