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mich mit den nützlichsten Studien beschäftige, und wie ich nur den Umgang der vorzüglichsten Jünglinge suche. Auch glaubte ich damals schon zu bemerken, daß dieser unbillige Zorn meines Vaters, diese ungegründeten Vorwürfe, die er auf einen leiblichen Sohn lud, nur in einem krankhaften Gemüthszustande ihren Grund haben könnten. In der That sahen auch viele Andere hierin den Anfang seines Wahnsinns, und waren der Meinung, daß sein unvernünftiger Haß, seine harte Verfügung, die Schimpfreden, die er bei jeder Gelegenheit unter heftigem Geschrei ausstieß, die Geneigtheit, sogleich in den heftigsten Zorn zu gerathen und Streit vor Gericht anzufangen, kurz sein ganzes gallichtes Wesen, die drohenden Vorboten einer Geisteszerrüttung wären, die über kurz oder lang zum Ausbruch kommen würde. Und so erwartete ich schon damals, bald genug in den Fall zu kommen, von meinen medicinischen Kenntnissen Gebrauch machen zu können.

4. Ich reiste also ab, benutzte den Unterricht der berühmtesten Aerzte des Auslandes, und brachte es durch beharrlichen Eifer und angestrengten Fleiß dahin, daß ich mir diese Wissenschaft zu eigen machte. Bei meiner Zurückkunft in die Heimath traf ich meinen Vater in dem Zustande entschiedener Raserei, und von den hiesigen Aerzten bereits aufgegeben, weil sie dem Uebel nicht auf den Grund zu sehen, und die verschiedenen krankhaften Erscheinungen nicht genau zu unterscheiden und zu beurtheilen gewußt hatten. Und nun that ich, was eines guten Sohnes Pflicht ist: ich gedachte es einem Vater nicht, daß er mich verstoßen hatte, und wartete auch nicht, bis man mich rufen ließ. Denn ich hatte

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Lukian von Samosata: Lucian’s Werke. J. B. Metzler, Stuttgart 1827–1832, Seite 774. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Lucians_Werke_0774.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)