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nun Jede Einen von uns als Gast in ihre Wohnung. Ich nahm eine Weile Anstand, zu folgen: denn ich weissagte mir nichts Gutes und bemerkte, da ich mir die Umgebungen ein bischen genauer besah, daß viele Menschenschädel und Knochen auf der Erde lagen. Ein Geschrei zu erheben, die Cameraden herbeizurufen, und nach den Waffen zu laufen, hielt ich nicht für rathsam. Ich zog also meine Malve hervor, und richtete ein sehr eindringliches Gebet an sie, mir aus diesen Nöthen glücklich herauszuhelfen. Nach einiger Zeit, da mich meine Wirthin geschäftig bediente, bemerkte ich, daß unter ihrem Gewande keine Weiberfüße, sondern Eselshufe hervorsahen. Sogleich gehe ich mit gezogenem Schwerte auf sie los, bemächtige mich ihrer, binde sie, und nöthige sie, mir Alles zu bekennen. Nach langem Weigern erfuhr ich von ihr, sie wären Meerweiber, Onosceleen (Eselsfüßlerinnen) genannt, und fräßen die Fremdlinge, die an ihre Küste kämen. „Wir machen sie erst trunken,“ sagte sie, „und legen uns zu ihnen auf’s Ruhelager, und wenn sie nun in tiefem Schlafe liegen, bringen wir sie um.“ Wie ich das vernommen, ließ ich sie gebunden liegen, rannte auf das Dach, und rief aus Leibeskräften meine Gefährten zusammen. Alsbald erschienen sie, und nun entdeckte ich ihnen Alles, zeigte ihnen die herumliegenden Menschenknochen, und führte sie dann in’s Haus zu meiner Gefangenen. Diese aber hatte sich inzwischen in Wasser verwandelt und war uns unsichtbar geworden: allein als ich den Versuch machte und mit meinem Schwert durch das Wasser fuhr, wurde dasselbe zu Blut.

47. Wir begaben uns ohne weitern Verzug zu unserem Schiffe und steuerten davon. Und als der Tag zu grauen

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Lukian von Samosata: Lucian’s Werke. J. B. Metzler, Stuttgart 1827–1832, Seite 747. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Lucians_Werke_0747.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)