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wir aus geringer Entfernung ein starkes Gebrüll hörten, das von einer Heerde Hornvieh herzukommen schien. Allein nach wenigen Schritten standen wir vor den Bucephalen. Diese wurden uns nicht sobald gewahr, als sie über uns herfielen, und drei der Unsrigen ergriffen: wir Uebrigen retteten uns durch die Flucht zu unserm Schiffe. Weil wir glaubten, unsere Cameraden nicht ungerächt lassen zu dürfen, waffneten wir uns insgesammt, und überfielen die Wilden, wie sie eben das Fleisch der drei Geschlachteten unter sich vertheilten. Es gelang uns, ihnen Schrecken einzujagen; wir setzten ihnen nach, und nachdem wir gegen fünfzig Derselben erschlagen und ihrer zween gefangen genommen hatten, kehrten wir mit diesen unseren Gefangenen wieder zurück, Lebensmittel hatten wir indessen keine angetroffen. Meine Gefährten wollten nun haben, daß wir die beiden Gefangenen gleichfalls abschlachten sollten: ich hielt jedoch für besser, sie gebunden unter Gewahrsam zu halten, bis von Seiten der Bucephalen Abgeordnete erscheinen und ihre Landsleute loskaufen würden. Dieß geschah wirklich. Denn wir sahen bald, daß welche kamen, und durch Zeichen und eine Art kläglichen Brüllens ihre Bitte zu verstehen gaben. Als Lösegeld verlangten wir also von ihnen eine große Anzahl von Käsen und getrockneten Fischen und vier von den dort einheimischen dreibeinichten Hirschen, bei welchen nämlich die beiden Hinterfüße wie bei andern, die beiden vordern aber in Einen zusammengewachsen waren. So wie sie diese Stücke geliefert hatten, gaben wir ihnen die Gefangenen heraus, und lichteten sodann nach einem Aufenthalte von Einem Tage die Anker.

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Lukian von Samosata: Lucian’s Werke. J. B. Metzler, Stuttgart 1827–1832, Seite 745. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Lucians_Werke_0745.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)