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hoch über alle die Vortheile stellen, welche er sich von der Gegenwart versprechen könnte, und die ja nur von so kurzer Dauer sind.

62. Du weißt doch wohl, was jener Cnidische Baumeister that, welcher den Leuchtthurm auf Pharus, eines der größten und herrlichsten Werke der Welt, gebaut hatte, um von demselben den Schiffern weit in die See hinein Feuersignale geben zu können und zu verhindern, daß sie nicht in die sehr gefährlichen Scheren von Parätonium gerathen, aus welchen sonst, wie man sagt, keine Rettung seyn würde. Wie er mit diesem Werke zu Stande war, so grub er seinen Namen in die steinerne Mauer dieses Thurmes, übertünchte sodann dieselbe sammt der Schrift mit Kalk, und schrieb auf diesen den Namen des damaligen Königs (Ptolemäus des Zweiten), indem er wohl voraussah, daß, was auch wirklich geschah, in Kurzem die Tünche mit den Schriftzügen herabfallen und alsdann die Worte zu Tage kommen würden: Sostratus, Dexiphanes Sohn aus Cnidus, den rettenden Göttern zum Besten der Seefahrer. So hatte also dieser Mann nicht auf seine Gegenwart und die kurze Zeit seines eigenen Lebens, sondern auf die jetzige und alle künftigen Zeiten gerechnet, so lange der Leuchtthurm von Pharus und in ihm der Zeuge seiner Kunst bestehen wird.

63. Ebenso soll nun auch Geschichte geschrieben werden, mit Wahrheitsliebe in Hoffnung auf die Zukunft, nicht aber mit Schmeichelei um des Genusses willen, von Zeitgenossen sich loben zu hören. – Dieß, mein Freund, gelte dir für Regel und Richtschnur einer ächten Geschichte. Wollte sich

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Lukian von Samosata: Lucian’s Werke. J. B. Metzler, Stuttgart 1827–1832, Seite 683. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Lucians_Werke_0683.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)