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Art ist auch das Geschäft des Geschichtschreibers: er hat blos das Geschehene in einem schönen, möglichst lebendigen Gemälde darzustellen; und wenn er dieß gethan hat, wenn dem Leser ist, als sähe er das Erzählte vor seinen Augen sich zutragen, und er sofort (unwillkührlich) dem Werke seinen Beifall spendet, dann, und nur dann ist seine Geschichte eine vollendete, und das allgemeine Lob, das sie erntet, wird dem Werke eines historischen Phidias angemessen seyn.

52. Bisweilen läßt sich eine so passende Anordnung des Ganzen treffen, daß die Ausführung sogleich, ohne besondern Eingang, begonnen werden kann; es sey denn, daß die Natur des Stoffes es schlechthin erfordert, den Leser in einer förmlichen Einleitung vorzubereiten. Oft aber thut eine bloße klare Angabe des Darzustellenden schon die volle Wirkung eines eigentlichen Vorberichtes.

53. Will aber der Historiker wirklich eine Einleitung vorausschicken, so hat er dabei nur von zwei Rücksichten auszugehen, und nicht von dreien, wie die Redekünstler in ihren Eingängen zu thun pflegen. Denn während Diese gleich Anfangs auch um das Wohlwollen ihrer Zuhörer sich bewerben, wird der Geschichtschreiber (dieses Buhlen verschmähend) blos dafür sorgen, wie er erstlich das Interesse der Leser für seinen Stoff rege mache, und zweitens, wie er sie auf einen richtigen Standpunkt stelle. Das Erstere wird ihm gelingen, wenn er darzuthun weiß, daß er von wichtigen und zu wissen nöthigen, oder unser Vaterland betreffenden, oder überhaupt nützlichen Gegenständen sprechen werde: das Zweite, nämlich die Leser (zu richtiger Auffassung und Beurtheilung

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Lukian von Samosata: Lucian’s Werke. J. B. Metzler, Stuttgart 1827–1832, Seite 678. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Lucians_Werke_0678.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)