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dem Stiele einer Rose, die Blume selbst nicht gewahr werden?

29. Nicht minder lächerlich macht sich ein anderer Historienschreiber, der nie einen Fuß aus Corinth gesetzt hat, und nicht einmal bis Cenchreä[1] gekommen, geschweige je Syriens oder Armeniens ansichtig geworden ist, und gleichwohl – wie ich mich noch genau erinnere, so anhebt: „den Ohren ist minder, denn den Augen zu trauen.[2] Darum erzähle ich nur, was ich selbst gesehen, nicht was ich gehört habe.“ Wie genau nun dieser Mann Alles gesehen, ergiebt sich gleich daraus, daß er erzählt, die Drachen der Parther (eine Art Feldzeichen bei diesem Volke: tausend Mann gehören, wenn ich nicht irre, zu einer solchen Drachen-Standarte) seyen lebende Schlangen von ungeheurer Größe, die in Persien, etwas über Iberien hinaus, einheimisch wären. Wenn es nun ins Treffen gienge, so trügen die Parther anfangs diese Schlangen an große Stangen gebunden, so daß sie in der Höhe schweben und schon von weitem dem Feinde Schrecken einjagen: wenn nun beide Theile sich nahe genug wären, um den Kampf selbst zu beginnen, bänden sie ihre Schlangen los und schleuderten sie unter die Feinde. Auf diese Art wären schon Viele unserer Landsleute von ihnen aufgefressen, oder, da sich die Schlangen ihnen um den Leib ringelten, erwürgt und zerquetscht worden. Er selbst, unser Gewährsmann, habe Das ganz aus der Nähe mit angesehen, während er übrigens auf dem hohen Baume, den er sich zum


  1. Ein, zwei Stunden von der Stadt entlegenes Hafenstädtchen der Corinthier, am Saronischen Meerbusen.
  2. Aus Herodot I, 8.
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Lukian von Samosata: Lucian’s Werke. J. B. Metzler, Stuttgart 1827–1832, Seite 662. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Lucians_Werke_0662.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)