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verhungert seyn würde, und deswegen bis zum siebenten Tage keinen Angriff gemacht.[1]

22. Was sollen wir aber von denen sagen, mein lieber Philo, welche sich dichterischer Ausdrücke und Redensarten in ihrer Geschichte bedienen, wie z. B. „es erdröhnte die Maschine – und dumpf krachte der Mauer gewaltiger Einsturz.“ Und an einer andern Stelle desselben vortrefflichen Werkes: „So war Edessa von Waffengetümmel rings umtost, allenthalben Geklirr, allenthalben Gerassel“ – wiederum: „der Feldherr aber rathschlagte unschlüssiges Herzens, wie er der Stadtmauer beikommen sollte.“ Mitten unter solchen Phrasen finden sich hinwieder die plattesten, gemeinsten – ich möchte sagen – bettelhaftesten Ausdrücke, als: „der Lagermeister schickte dem Herrn [Kaiser] einen Brief“ – ein andermal: „die Soldaten handelten, was sie brauchten, ein, badeten sich und machten sich dann darüber her.“[2] Kurz, der Mann kommt mir vor wie ein Schauspieler, der mit einem Fuße auf dem hohen tragischen Cothurne steht, und den andern noch in dem Pantoffel stecken hat.

23. Wieder Andere bekommt man zu Gesichte, die ihren Werken glänzende, hochtrabende und übermäßig lange Einleitungen voranschicken, so daß man in gespannter Erwartung ist, welch große Wunderdinge man zu hören kriegen werde: allein die eigentliche Geschichte kommt hinterher als


  1. Severianus wurde nach einem unglücklichen Angriff auf die Parther bei Elegia in Armenien, mit dem ganzen Heere eingeschlossen und aufgerieben. Xipsilin, aus Dio Cass. B. LXXI.
  2. αὐτά statt αὐτούς mit Wieland nach Grävius.
Empfohlene Zitierweise:
Lukian von Samosata: Lucian’s Werke. J. B. Metzler, Stuttgart 1827–1832, Seite 655. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Lucians_Werke_0655.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)