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nehme keinen Anstand, dieß meinen neuen Freunden zu gestehen – sie bezeugten mir ihre Bewunderung auf eine unzweideutige Weise. Sie begleiteten mich sogar eine ziemliche Strecke, und überhäuften mich von allen Seiten mit solchen Lobeserhebungen, daß ich ganz schamroth ward und besorgen mußte, nur gar zu weit unter der Würdigkeit eines solchen Beifalls geblieben zu seyn. Uebrigens liefen diese Aeußerungen sammt und sonders auf das Einzige hinaus, der Inhalt meiner Schriften wäre so neu und ungewöhnlich. Ausrufungen, wie folgende, ließen sich, je nach den Eindrücken, die das Gehörte hervorgebracht hatte, in Menge vernehmen: „Wie so neu war Alles! – Himmel, welche überraschende Gedanken! – In der That, ein glückliches, erfindungsreiches Talent! Kann man originellere Einfälle haben?“ u. s. w. Daß es ihnen damit nicht Ernst gewesen seyn soll, kann ich nicht glauben; denn was für einen Beweggrund konnten sie haben, einem Ausländer, der ihnen sonst sehr gleichgültig seyn mußte, leere Schmeicheleien zu sagen?

2. Gleichwohl – ich bekenne es offen – verdroß es mich etwas, auf diese Art mich gelobt zu sehen, und kaum befand ich mich allein, so dachte ich: „Also das ist das Einzige, was an meinen Schriften gefällt, daß sie nicht ganz gewöhnlichen Inhalts sind, und daß sie sich nicht auf Gemeinplätzen umtreiben? Von Schönheit des Ausdrucks und einer nach den alten Mustern gebildeten Schreibart, von Feinheit, Witz, attischer Grazie, Harmonie, und einer über das Ganze der Composition verbreiteten Kunst, von allen diesen Vorzügen wäre weit und breit nichts in meinen Aufsätzen anzutreffen?

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Lukian von Samosata: Lucian’s Werke. J. B. Metzler, Stuttgart 1827–1832, Seite 604. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Lucians_Werke_0604.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)