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Ungewisse genau zu unterscheiden, und das Wahre mit unumstößlicher Gewißheit darzuthun, und er wollte diese Kunst auch dir mittheilen, dann wärest du freilich aller weitern Sorgen und Mühen überhoben: alsbald würde das Beste deinen Augen erscheinen; jegliche Lehre, auf den Probierstein deiner Kunst gebracht, würde sogleich als die wahre oder als falsch sich ergeben; du könntest nun mit voller Sicherheit entscheiden und wählen, könntest nun ganz dem Weisheitsstudium dich hingeben, und hinfort, im Besitze und Genusse der heißersehnten Glückseligkeit, des Inbegriffes aller Güter dich erfreuen.

Hermotimus. O schön, Lycinus! Nun sprichst du doch einmal tröstliche Worte, die mir eine herrliche Aussicht eröffnen. Wir wollen nicht säumen, einen solchen Mann uns zu suchen, der uns Unterscheidungsgabe, Beurtheilungskraft, und, was das Wichtigste ist, jene Unfehlbarkeit, von der du sprachst, beibringen soll. O wie wird sich dann alles Uebrige so leicht ergeben, wie so schnell und ungehindert werden wir an unser Ziel gelangen! Ich weiß es dir jetzt schon recht vielen Dank, daß du diesen so kurzen, und dabei besten Weg ausfindig gemacht hast.

Lycinus. Guter Hermotimus, du darfst mir jetzt noch nicht danken: denn noch habe ich Nichts gefunden, und dir Nichts gezeigt, was deinem ersehnten Ziele dich näher brächte. Im Gegentheile, wir sind nunmehr weiter davon, als jemals, und haben, wie man zu sagen pflegt, viel gearbeitet, aber nichts gethan.[1]


  1. „Und haben – nichts gethan.“ Wieland.
Empfohlene Zitierweise:
Lukian von Samosata: Lucian’s Werke. J. B. Metzler, Stuttgart 1827–1832, Seite 581. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Lucians_Werke_0581.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)