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Gränzen des längsten Menschenlebens läge. Am Ende aber behauptest du gar, das Ziel selbst liege noch nicht außer allem Zweifel, indem es nicht entschieden sey, ob die Philosophen wirklich selbst schon das Wahre gefunden hätten oder nicht.

Lycinus. Könntest du denn, mein lieber Hermotimus, einen Eid darauf schwören, daß sie es wirklich gefunden haben?

Hermotimus. Ich möchte mir’s zwar nicht getrauen –

Lycinus. Und doch – wie so manches Andere habe ich absichtlich, ohne es zu berühren, dir nachgesehen, was noch einer langen Untersuchung bedurft hätte!

67. Hermotimus. Nun was denn?

Lycinus. Hast du noch nie gehört, daß unter den Leuten, die sich Stoiker, oder Epikuräer, oder Platoniker nennen, Manche sind, die eine minder vollständige Kenntniß ihres Systems haben, wiewohl übrigens ihr ganzes Wesen vollkommenes Vertrauen einflößt?

Hermotimus. Das ist allerdings wahr.

Lycinus. Glaubst du also nicht, daß es ein sehr schwieriges Geschäft ist, diejenigen, welche ihre Lehre gründlich kennen, von denen zu unterscheiden, welche bloß vorgeben, sie zu kennen?

Hermotimus. Ich gebe es vollkommen zu.

Lycinus. Unfehlbar also mußt du, wenn du den ächtesten Stoiker kennen lernen willst, die Hörsäle, wo nicht Aller, doch wenigstens der Meisten von ihnen besuchen und sie prüfen, ehe du den Besten zu deinem Meister erwählen

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Lukian von Samosata: Lucian’s Werke. J. B. Metzler, Stuttgart 1827–1832, Seite 579. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Lucians_Werke_0579.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)