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Hermotimus. Nicht anders verhält es sich mit der Philosophie. Wozu brauchten wir das ganze Faß zu leeren[WS 1], da ja eine kleine Probe schon hinreicht, um zu wissen, was an dem Ganzen ist?

58. Lycinus. Seht doch, wie glatt und schlüpfrig mein Hermotimus ist! Du gleitest mir ja aus den Händen wie ein Aal! Nur gut für mich, daß du wieder in dieselbe Reuse fielst, welcher du zu entrinnen glaubtest.

Hermotimus. Wie soll ich das verstehen?

Lycinus. Du hast ja Etwas, worüber die ganze Welt im Streite liegt, weil es ein unbekanntes Etwas ist, nämlich die wahre Philosophie, mit einer ganz verschiedenen Sache, welche ihre Beschaffenheit sogleich selbst ankündigt, und von Jedermann gekannt ist, nämlich dem Weine verglichen. Ich wüßte in der That nicht zu sagen, welche Aehnlichkeit du überhaupt zwischen der Philosophie und dem Weine finden könntest: es müßte denn nur die einzige seyn, daß die Philosophen ihre Weisheit um Geld verkaufen, wie die Weinschenken ihr Getränke, und daß sie mit Mischen, Fälschen und Schlechtmessen großentheils eben so gut umgehen können, wie diese. Betrachten wir einmal dein Gleichniß ein Bischen genauer! Wenn du sagst, der Wein aus demselben Fasse sey durchaus einer und derselbe, so läßt sich dagegen nicht das Mindeste einwenden; und eben so wenig widerspreche ich, was du daraus folgerst, daß man nur zu kosten brauche, um sogleich zu wissen, wie das ganze Faß beschaffen ist. Nun aber wollen wir sehen, wie dieß auf die Philosophie paßt. Tragen auch etwa die Philosophen, z. B. dein Lehrer, alle Tage nur immer dasselbe vor, oder sprechen sie

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: lereen
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Lukian von Samosata: Lucian’s Werke. J. B. Metzler, Stuttgart 1827–1832, Seite 570. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Lucians_Werke_0570.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)