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und nehmen wir auch nur zehn philosophische Schulen an, so macht es zusammen eine Summe von –

Hermotimus. Mehr als zweihundert Jahren, lieber Lycinus!

Lycinus. Wenn du willst, so wollen wir ein Viertheil abbrechen, so daß es an hundertfünfzig genug sey, oder streichen wir meinetwegen die ganze Hälfte.

48. Hermotimus. Das magst du: jedenfalls sehe ich, daß unter Tausenden vielleicht Einer den Weg durch alle Schulen machen wird, und wenn er gleich nach seiner Geburt anfienge.

Lycinus. Was beginnen wir jetzt, guter Hermotimus, da die Sachen so stehen? Sollen wir wieder umstoßen, was wir bereits anerkannt haben, den Satz nämlich, daß man nicht im Stande ist, aus vielen Dingen das Beste zu wählen, wenn man nicht zuvor alle geprüft hat, und daß, wer ohne diese Prüfung wählen wollte, nur ein Prophet seyn müßte, wenn sich ihm das Wahre ungesucht darbieten sollte –? Haben wir uns nicht schon darüber vereinigt?

Hermotimus. O ja!

Lycinus. Es wäre also unumgänglich nöthig, daß wir wenigstens ein Jahrhundert lebten, wenn wir, nach sorgfältiger Prüfung aller Philosophieen, mit Sicherheit die Wahl der besten treffen und durch dieselbe das höchste Glück finden wollten. Ehe wir aber das thun können, tappen wir im Finstern, stoßen überall an, und halten aus Unkunde der Wahrheit das Erste Beste, was uns in die Hände kommt, für das gesuchte Gut. Und wenn uns auch ein glücklicher Zufall auf das Wahre stoßen ließe, so könnten wir ja doch nicht mit

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Lukian von Samosata: Lucian’s Werke. J. B. Metzler, Stuttgart 1827–1832, Seite 562. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Lucians_Werke_0562.jpg&oldid=- (Version vom 3.12.2022)