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Muth hatte, es ihm zu sagen, bis endlich eine Ausländerin in einer vertraulichen Stunde es wagte, ihn auf seinen Fehler aufmerksam zu machen. Bei der nächsten Gelegenheit überhäufte er seine Gemahlin mit Vorwürfen, daß sie, die doch längst um die Sache gewußt haben müsse, ihm kein Wort davon gesagt hätte. Diese bat ihn aber dringend, ihr deßhalb nicht zu zürnen: denn da sie keinem andern Manne je zu nahe gekommen, so wäre sie der Meinung gewesen, alle Männer müßten so riechen. „Da also dein Hermotimus“ – dürfte Plato hinzusetzen – „es von jeher bloß mit Stoikern zu thun hatte, so kann er natürlich nicht wissen, wie anderer Leute Mundwerk beschaffen ist.“ Aehnliches und vielleicht noch mehr als dieß würde mir auch Chrysipp zu sagen haben, wenn ich ihn ohne Prüfung verschmähte, und auf Plato’s Seite mich schlüge, in blindem Vertrauen auf die Worte eines Menschen, der einzig und allein nur mit Plato Bekanntschaft gemacht hatte. Um also meine Meinung kurz zu sagen, so behaupte ich: so lange es nicht ausgemacht ist, welche philosophische Schule die wahre sey, soll man sich zu keiner von allen halten; denn Einer ausschließend anzuhängen, wäre eine Beleidigung der übrigen.

34. Hermotimus. Um Gottes willen, Lycinus, lassen wir doch den Plato, Aristoteles, Epikur und ihres Gleichen in Ruhe: es ist meine Sache nicht, mit diesen mich in einen Kampf einzulassen. Wir Beide, du und ich, wollen nur so unter uns die Frage erörtern, ob die Philosophie das ist, wofür ich sie halte. Was brauchen wir zu dieser Untersuchung die Mohren aus Aethiopien, und Gelon’s Weib aus Syracus herbeizuziehen?

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Lukian von Samosata: Lucian’s Werke. J. B. Metzler, Stuttgart 1827–1832, Seite 548. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Lucians_Werke_0548.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)