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anzunehmen, ein solches Begegniß nicht erklären, da ich mich doch sonst nie, in meinem ganzen langen Leben nie, in einer ähnlichen Zerstreuung befunden hätte.

16. Soll ich aber auch eine bloß menschliche Entschuldigung des Geschehenen anführen, so dürfte die Sache weniger befremdend erscheinen, wenn ich dir sage, daß vielleicht gerade das Bestreben, mich dir an jenem Morgen in einem recht vortheilhaften Lichte zu zeigen, eben weil mein Verlangen darnach zu heftig war, mich befangen machte und einen Unschick begehen ließ, der gerade das Gegentheil von dem, was ich wollte, zur Folge haben mußte. Möglich, daß man auch durch die Menge der Soldaten, welche bei solchen Aufwartungen nicht selten die Ordnung stören, und Andere bald vorwärts, bald auf die Seite drängen, verhindert wird, seine Gedanken gehörig beisammen zu behalten.

17. Am Ende weiß ich nur zu gut, daß, während die Uebrigen mein Versehen dem Unverstand, dem Mangel an Erziehung oder gar einem gewissen Aberwitze Schuld gaben, du selbst in der ganzen Sache nichts als ein Zeichen schüchterner Verschämtheit, und eines schlichten, ungekünstelten, aber freilich auch jener Gewandtheit entbehrenden Benehmens erblicktest, welche nur durch ein beständiges Sichumtreiben unter den Menschen gewonnen wird. Dieß lasse ich mir denn gerne gefallen: denn große Zuversichtlichkeit in solchen Dingen gränzt gar zu nahe an unverschämte Keckheit. Möchte ich freilich nie wieder in einen solchen Fall kommen, oder, wenn es ja seyn müßte, so möge es wenigstens immer zur guten Vorbedeutung werden.

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Lukian von Samosata: Lucian’s Werke. J. B. Metzler, Stuttgart 1827–1832, Seite 507. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Lucians_Werke_0507.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)