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von ihren Uebeln zu reinigen, nur mit dem Unterschied, daß ich es freiwillig und nicht, wie Jener, auf eines Andern Geheiß thue.

Käufer. Ein löbliches Bestreben! Aber was verstehst du denn eigentlich, und was ist dein Handwerk?

Diogenes. Ich bin ein Befreier der Menschen, und ein Arzt ihrer Gebrechen: überhaupt aber geht meine Absicht dahin, ein Prediger der Wahrheit und Freimüthigkeit zu seyn.

9. Käufer. Nun denn, mein Prediger, wenn ich dich kaufe, was gedenkest du denn mit mir vorzunehmen?

Diogenes. Vor allen Dingen werde ich dir die Weichlichkeit ausziehen, dich mit der Dürftigkeit zusammensperren, und in einen groben Mantel dich kleiden. Sodann wirst du arbeiten und dich anstrengen müssen, und dabei auf der Erde schlafen, Wasser trinken und mit der nächsten besten Nahrung dich sättigen. Wenn du Geld hast, wirst du es, falls du meinem Rathe folgst, in’s Meer werfen. Um Ehweib, Kinder, Vaterland, bekümmerst du dich nicht; alle Menschendinge gelten dir für Narrenspossen. Du verlässest dein väterliches Haus, und bewohnest ein Grabmal, ein verlassenes Wachthürmchen, oder auch nur eine Tonne. Du trägst einen Ranzen mit Feigbohnen und Pergamentrollen angefüllt, die auf beiden Seiten vollgeschrieben sind. In diesem Zustande wirst du dich für glücklicher erklären, als selbst der Perserkönig. Auch wenn du gepeitscht oder gefoltert werden solltest, so wird es dir nicht schmerzhaft dünken.

Käufer. Was sagst du? Peitschenhiebe nicht schmerzhaft?

Empfohlene Zitierweise:
Lukian von Samosata: Lucian’s Werke: Die Versteigerung der philosophischen Orden. Stuttgart: J. B. Metzler, 1827–1832, Seite 347. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Lucians_Werke_0347.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)