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der Eine behauptete, dieser Gegenstand ist warm, und der Andere, er ist kalt, man weder dem Einen noch dem Andern widersprechen konnte, so gewiß man wußte, daß ein und dasselbe Ding zu einer und derselben Zeit nicht warm und kalt zugleich seyn kann. Mir gieng es dabei wie einem Schlafenden, der bald auf diese, bald auf jene Seite nickt; so gab ich bald Diesem, bald Jenem meinen Beifall.

5. Nicht minder ungereimt fand ich, was ich bei genauerer Aufmerksamkeit auf diese Philosophen entdeckte, daß sie nämlich im Leben gerade auf das Entgegengesetzte von dem ausgehen, was sie in ihren Vorträgen anpreisen. So sah ich, daß die, welche die Verachtung des Geldes predigten, wie Kletten daran hiengen, mit ihren Schuldnern wegen der Zinsen Rechtshändel anfiengen, in ihrer Weisheit nur um Lohn unterrichteten, und um des Gewinnes willen sich Alles gefallen ließen. Und Solche, die den Ruhm verwarfen, zielten mit allen ihren Reden und Handlungen darauf hin, sich welchen zu erwerben. Fast Alle waren Ankläger der Wollust, und im Stillen war Jeder der Wollust einzig und allein ergeben.

6. Es gieng mir zwar nun zu Herzen, mich auch in dieser Erwartung getäuscht zu sehen; doch tröstete mich allmählig der Gedanke, nicht der Einzige zu seyn, der des Wahren unkundig im Finstern wandelt, sondern dieß Loos mit vielen weisen, und ihrer Einsicht wegen hochberühmten Männern zu theilen. Da kam mir einsmals, als ich in einer schlaflosen Nacht über dieser Sache brütete, der Gedanke, mich nach Babylon zu begeben, und dort einen der Magier, der Schüler des Zoroaster und Erben seiner Weisheit, um

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Lukian von Samosata: Lucian’s Werke. J. B. Metzler, Stuttgart 1827–1832, Seite 291. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Lucians_Werke_0291.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)