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Führer war. Sodann erzähle mir alles, was du dort unten gesehen und gehört hast: denn ich darf von einem so wißbegierigen Manne wohl vermuthen, daß er nichts hörens- und sehenswürdiges wird vorbei gelassen haben.

3. Menippus. Ich muß dir nun schon auch hierin zu Willen seyn. Wer könnte auch der Nöthigung eines so guten Freundes widerstehen? Vor allen Dingen will ich dir also sagen, wie der Entschluß bei mir entstand, das Schattenreich zu besuchen, und welche Absicht ich dabei hatte. In meinen Knabenjahren las ich bei Homer und Hesiod gar viel von Kriegen und Streitigkeiten der Halbgötter und sogar der Götter selbst untereinander, von ehebrecherischen Buhlschaften derselben, von Gewaltthaten, Räubereien, Rechtshändeln, und wie der Sohn den Vater vom Throne jagte, Geschwister sich heiratheten und dergleichen. Alle diese Dinge nun erschienen mir ganz löblich, und es kitzelte mich nicht wenig, in Aehnlichem mich zu versuchen. Als ich aber zum Manne heranreifte, hörte ich, wie die Gesetze ganz anders, als die Dichter, sprachen: man solle nicht stehlen, nicht ehebrechen, keine Händel anfangen und dergl. Da war ich nun in großer Verlegenheit, und wußte nicht mit mir selbst Eins zu werden. Einmal dachte ich, die Götter würden doch gewiß sich keine Buhlereien und Streitigkeiten erlauben, wenn sie nicht wüßten, daß sie recht daran thun. Andererseits aber würden doch die Gesetzgeber nicht das Gegentheil vorschreiben, wenn sie nicht überzeugt wären, daß es so nützlich ist.

4. In dieser Rathlosigkeit hielt ich’s für’s Beste, zu den sogenannten Philosophen meine Zuflucht zu nehmen, mich ihnen ganz und gar zu übergeben, und sie zu bitten, mir einen

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Lukian von Samosata: Lucian’s Werke. J. B. Metzler, Stuttgart 1827–1832, Seite 289. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Lucians_Werke_0289.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)