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8. Ich sollte meinen, dergleichen Neckereien, die man sich bei einem Gastmahle erlaubt, hätte man einem nicht zu gedenken, sondern, wenn auch einer der fröhlichen Gäste zu weit gegangen wäre, es für Scherz aufzunehmen, und seinen Unwillen nicht mit nach Hause zu tragen. Aber auf den folgenden Tag noch seinen Groll bewahren, einen gestrigen Spaß einem heute mit Rachgier nachtragen – pfui! das schickt sich für keinen König, geschweige für einen Gott. Wollte man aus dem Gastmahle dergleichen Scherze und Neckereien, und das Recht verbannen, einander aufzuziehen, auszulachen, und ein Bischen zum Besten zu haben, was würde übrig bleiben, als stillschweigend da zu sitzen, saure Gesichter zu schneiden, sich mit Essen und Trinken bis zum Ueberdruß anzufüllen – lauter Dinge, die einem Gelage schlecht anständen. Ich glaubte also gar nicht anders, als Jupiter wurde des andern Tages des Spaßes sich gar nicht mehr erinnern, geschweige so furchtbar darüber aufgebracht seyn, und sich höchst beleidigt fühlen, wenn einer bei Austheilung des Fleisches sich den Spaß erlaubte, zu versuchen, ob der Andere das beste Stück herauszufinden wüßte.

9. Setze nun auch den ärgern Fall, Merkur, ich hätte dem Jupiter nicht bloß das schlechtere Theil vorgelegt, sondern das Ganze weggeschnappt: wäre es auch dann der Mühe werth gewesen, Himmel und Hölle zu bewegen, auf Ketten, Kreuzigung, und leberaushackende Adler zu sinnen, und den ganzen Caucasus zu seiner Rache zu brauchen? Frage dich selbst: verräth nicht dieß Alles die kleine Seele, die niedrige Denkungsart, das leidenschaftliche Temperament des zürnenden Gottes? Was würde er nicht erst angefangen haben,

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Lukian von Samosata: Lucian’s Werke. J. B. Metzler, Stuttgart 1827–1832, Seite 107. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Lucians_Werke_0107.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)