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ein Verbrechen und für den Umsturz der guten Sitte zu halten. Einsam sey meine Lebensweise, wie die der Wölfe, und Keiner sey mein Freund, als Timon.

43. Jeder Andere sey mir ein gefährlicher Feind, und mich ihm zu nähern, ein Gräuel, der Tag aber, wo ich einen Menschen auch nur sah, ein Unglückstag. Es soll uns nicht erlaubt seyn, eine Botschaft von ihnen anzunehmen, noch uns in irgend einen Vertrag mit ihnen einzulassen. Kurz, die Menschen sollen für uns nichts anderes seyn, als steinerne oder metallene Bildsäulen. Diese Wildniß aber sey die Gränze zwischen ihnen und uns. Stammes-, Zunft- und Gemeinde-Genossen, Vaterland, seyen uns hinfort nichtsbedeutende, leere Namen, die nur bei Schwachköpfen in Ehren stehen. Nur Timon allein soll reich seyn, und mit Verachtung aller Uebrigen sich’s allein wohl seyn lassen, fern von allen Schmeichlern und gemeinen Lobrednern. Den Göttern opfere er allein und verschmause allein das Opfermahl: als sein eigener Nachbar und Angränzer entschlage er sich aller Berührung mit Anderen. Und wenn es zum Sterben kommt, so nehme er allein von sich Abschied, und setze sich selbst die Todtenkrone auf.

44. Sein liebster Name sey ihm: der Menschenfeind; und die Merkmale seines Charakters seyen: Härte, Grobheit, Groll, finsteres und ungeselliges Wesen. Sieht Timon einen Menschen in Gefahr, im Feuer umzukommen, und hört ihn flehen, die Flamme zu löschen, so hat er mit Pech und Oel zu löschen. Und wenn Einer von einem angeschwollenen Strom fortgerissen die Arme ausstreckt, und um des Himmels willen bittet, ihn zu fassen, so soll er ihm den Kopf hinabstoßen und das Auftauchen unmöglich machen. So könnte ihnen etwa

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Lukian von Samosata: Lucian’s Werke. J. B. Metzler, Stuttgart 1827–1832, Seite 86. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Lucians_Werke_0086.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)