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Merkur. Wie sollten sie nicht? Sie müßten denn alle gleichfalls blind seyn.

Plutus. Das nicht, mein Bester, sondern Thorheit und Täuschung, die sich heut zu Tage der ganzen Welt bemächtigt haben, umnebeln sie: zudem habe ich selbst, um nicht so sehr häßlich zu seyn, eine gar reizende, von Gold und Edelsteinen schimmernde Maske vorgenommen, zeige mich ihnen nur in einem glänzenden Anzuge. In der Meinung also, die Schönheit meines natürlichen Gesichtes zu sehen, verlieben sie sich in mich, und verzweifeln, wenn sie meiner nicht habhaft werden können. Würde man aber mich ihnen entkleidet zeigen, gewiß, sie würden ihre Verblendung und thörichte Liebe zu einem so häßlichen und unliebenswürdigen Gegenstande selbst sehr strafbar finden.

28. Merkur. Aber wie lassen sie sich denn auch dann noch betrügen, wann sie wirklich reich geworden sind, und sich jene Maske nun selbst umgethan haben? Und wenn man sie ihnen abziehen will, wie kommt’s, daß sie lieber den Kopf als die Larve hergäben? Man kann doch nicht annehmen, daß sie, wiewohl sie nun alles Inwendige sahen, auch jetzt noch nicht wissen sollten, wie die ganze Schönheit eine aufgepinselte ist.

Plutus. Auch hiebei kommt mir Manches zu Statten, mein lieber Merkur.

Merkur. Und das wäre?

Plutus. Wann einer, dem ich begegnete, die Thüre öffnet, um mich bei sich aufzunehmen, so treten die Aufgeblasenheit, der Unverstand, die Hoffahrt, die Weichlichkeit, der Uebermuth, die Täuschung und tausend Wesen dieser Art, ungesehen

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Lukian von Samosata: Lucian’s Werke. J. B. Metzler, Stuttgart 1827–1832, Seite 77. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Lucians_Werke_0077.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)