Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

anzeigt. Wenn ich nämlich von dem Einen auf einen Anderen übergehen soll, so legt man mich in eine Schreibtafel, versiegelt mich sorgfältig, und trägt mich feierlich zum Hause hinaus[1]. Und während der Todte in einem finstern Winkel des Hauses liegt, über den Knieen mit einem alten Leintuch zugedeckt, und den Katzen, die sich um ihn balgen, preisgegeben, – warten die, welche sich Hoffnung machen, im Gerichtshose mit aufgesperrten Mäulern auf mich, wie die zwitschernden Jungen der Schwalbe auf die Heimkunft ihrer Mutter.

22. Endlich wird das Siegel abgenommen, der Bindfaden zerschnitten, das Testament geöffnet, und der Name meines neuen Herrn ausgerufen. Bald ist dieser ein Anverwandter des Vorigen, bald aber ein Schmeichler oder ein Sklave, der eine so große Belohnung mit Preisgebung seiner selbst verdient hatte. Nun steckt mich der Erbe, wer er auch sey, sammt dem Testamente zu sich, läuft davon, und heißt nun statt Pyrrhius, Dromo oder Tibius[2] hinfort Megakles, Megabyzus, oder Protarchus: während die Andern, die ihre Mäuler vergebens aufgesperrt hatten, einander ansehen und recht aufrichtig trauern, daß ihnen der kostbare Seefisch, der ihnen so vielen Lockfraß verschlungen, aus dem Untersten des Netzes wieder entwischt ist.


  1. Die auf Wachstafeln geschriebenen Testamente wurden ausser dem Hause, in Tempeln, bei Priestern, oder auch bei vertrauten Freunden niedergelegt.
  2. Sclavennamen, während Namen, wie Megakles u. dgl. nur Leuten von guter Herkunft gegeben werden konnten.
Empfohlene Zitierweise:
Lukian von Samosata: Lucian’s Werke. J. B. Metzler, Stuttgart 1827–1832, Seite 73. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Lucians_Werke_0073.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)